Nervenzelle unter Mikroskop

Neue Einblicke in den Energiehaushalt von Nervenzellen des Gehirns


Ein Forschungsteam am Carl-Ludwig-Institut für Physiologie der Universität Leipzig hat erstmals gezeigt, wie sich der Energiegehalt einzelner Nervenzellen im Gehirn während sogenannter Depolarisationswellen, Aktivitätswellen die bei verschiedenen Hirnerkrankungen entstehen, verändert. Die Ergebnisse liefern wichtige Grundlagen für das Verständnis des Energiestoffwechsels bei akuter Mangeldurchblutung, wie sie etwa beim Schlaganfall auftritt. Die Studie wurde aktuell im renommierten Fachmagazin PNAS veröffentlicht. Am 10. Mai ist bundesweiter „Tag gegen den Schlaganfall“.

Leipzig/Germany, 9. Mai 2025. Stoffwechsel, Zellerneuerung, Verdauung oder Konzentration, Adenosintriphosphat ist Teil der Mitochondrien in den Zellen und stellt die Energie für den Körper her. Je nach körperlicher Betätigung findet diese Produktion mit oder ohne Sauerstoff statt. Ansonsten, Glukose, Sauerstoff und Wasser bilden die Kraftwerksfunktion den Mitochondrien. Bei sportlicher Betätigung werden auch Mitochindrien hergestellt. Dabei wird das Phospor aus dem ATP in Adenosindiphospat (ADP) aufgeteilt und damit die Energie frei gesetzt. Dazu sind Enzyme erforderlich. Energie in Form von Wärme wird frei gesetzt, vielmehr umgewandelt.
Verwunderlich dürfte allerdings sein, diese Energie kann maximal 15 min. bieten. Es benötigt daher andere Mechanismen um die Energie des Körpers über einen längeren Zeitraum zu bieten. Eine Speicherquelle für diese Energie ist die mögliche Verteilung auf Körperfette, eine andere liefert die Masse an Mitochondrien. Man konnte feststellen das ziemlich genau ab einem Alter von 30 Jahren die Energie des Menschen abbaut (Vgl. S. 143, Froböse, 2024). Das liefert den deutlichen Hinweis für einen Weg in Richtung erforderlicher Effizienz und Optimierungsnotwendigkeit. Diese These wird dadurch bestätigt, das man bei Sportlern über 50 Jahren festgestellt hat, das eine mehr als 50% Volumendichte an Mitochondrien zeigt, gegenüber Nicht-sportlern (Vgl. S. 146, Froböse, 2024). Mit der Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit durch Bewegung und Sport geht nicht nur Effizienz einher, sondern wird dem körperlichen Abbau entgegen gewirkt.

In der aktuellen Studie nutzten Wissenschaftler des Carl-Ludwig-Instituts für Physiologie eine eigens entwickelte Mauslinie, deren Nervenzellen im Gehirn ein fluoreszierendes Sensorprotein produzieren. Die Nervenzellen zeigten dadurch, wieviel Energie sie gerade zur Verfügung haben. Mithilfe hochauflösender Fluoreszenz-Mikroskopie konnten die Forschenden live beobachten, wie sich der ATP-Gehalt in einzelnen Nervenzellen während Depolarisationswellen verändert. Die Depolarisationswellen im Gehirn, bei der sich die Nervenzellen ähnlich wie bei einem Kurzschluss nacheinander entladen, werden mit einem fortschreitenden Gewebeschaden beim Schlaganfall in Verbindung gebracht. Bisher gab es keine Studien dazu, wie sich der zentrale Energieträger ATP in individuellen Nervenzellen während dieser Depolarisationswellen verändert.

„Unsere Studie liefert erstmals hochauflösende Einblicke, wie und wann Nervenzellen im Gehirn bei akuter Mangelversorgung, wie bei einem Schlaganfall, ihre Energiereserven verlieren“, sagt Dr. Karl Schoknecht vom Carl-Ludwig-Institut für Physiologie, Erstautor der Studie. „Interessanterweise erschöpfen sich die Energiereserven nicht gleichmäßig, sondern im Zuge der Depolarisationswellen. Das Modell soll in weiteren Projekten genutzt werden, um therapeutische Ansätze bei Schlaganfällen zu testen, die den massiven Energieverlust bei Depolarisationswellen verhindern sollen“, so der Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät.

Die Untersuchungen in der aktuellen Studie zeigen: Schon im gesunden Gewebe führen diese Wellen zu einem kurzfristigen Abfall des ATP-Gehalts. Besonders deutlich wurde der Effekt der Depolarisationswellen unter Bedingungen von Energiemangel – wie sie beim Schlaganfall herrschen. Hier beschleunigten sie den ATP-Abfall massiv, so dass sich die Energiereserven der Nervenzellen erschöpften. Selbst nach dem Auftreten von Depolarisationswellen sind Nervenzellen grundsätzlich noch in der Lage, ihre ATP-Reserven wieder aufzufüllen, sofern ihnen erneut Glukose und Sauerstoff zugeführt werden. Der Zusammenbruch des Energiestoffwechsels ist also prinzipiell noch umkehrbar.


Colourbox, Mithilfe hochauflösender Fluoreszenz-Mikroskopie konnten die Forschenden live beobachten, wie sich der ATP-Gehalt in einzelnen Nervenzellen während Depolarisationswellen verändert. (Symbolbild)
Colourbox, Mithilfe hochauflösender Fluoreszenz-Mikroskopie konnten die Forschenden live beobachten, wie sich der ATP-Gehalt in einzelnen Nervenzellen während Depolarisationswellen verändert. (Symbolbild)


Für die Untersuchungen simulierte das Team Schlaganfall-ähnliche Bedingungen, indem sie Glukose und Sauerstoff in der Nährlösung entfernten. Parallel wurden die Depolarisationswellen mit elektrophysiologischen Methoden erfasst. Die Ergebnisse sind grundlagenwissenschaftlicher Natur.



Originalpublikation:

https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2415358122
Originalpublikation in PNAS: „Spreading depolarizations exhaust neuronal ATP in a model of cerebral ischemia“. DOI: 10.1073/pnas.2415358122

Froböse, Ingo; Der Stoffwechselkompass, Was uns in der zweiten Lebenshälfte Fit, Schlank und wach hält. Ullstein-Verlag, 1. Auflage 2024. Spiegelbestseller

Bildquelle
Colourbox, Mithilfe hochauflösender Fluoreszenz-Mikroskopie konnten die Forschenden live beobachten, wie sich der ATP-Gehalt in einzelnen Nervenzellen während Depolarisationswellen verändert. (Symbolbild)


Dr. Karl Schoknecht, Dargestellt sind farbkodierte Signale des ATP-Sensors‚ den die Nervenzellen der Mäuse exprimieren. Die Bilder zeigen in zeitlicher Folge den ATP-Abfall im Zuge einer Depolarisationswelle ausgelöst durch Sauerstoff- (O2) und Glukose-Deprivation (OGD).


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