Wie unser Gehirn Handlungen versteht


Studie zeigt, welche Merkmale wir nutzen, um menschliches Verhalten zu erkennen und zu kategorisieren

Regensburg/Germany, 28. Oktober 2025. – Der Mensch ist eine Black-Box, man kann nicht in ihn sehen, man kann nur Mutmassungen anstellen. Es ist aber tatsächlich ein Wunder oder eine herausragende Leistung der Natur, das eine so hohe Anpassungsleistung möglich wurde, ist und wird. Diese Anpassungsleistung zieht sich wie ein roter Faden durch die Evolution. Die Wahrscheinlichkeit als auch die damit verbundene Annäherung ist teilweise so hoch, das eine zutreffende Einschätzung schlüssig scheint (Vgl. Lexikon Kausalität, Korrelation).

Eine ganz besondere Annäherung ergibt sich dabei im Falle der Wanderung (Völker). Wenn Menschen sich an Orte begeben, bei denen die Wahrscheinlichkeit aufgrund der entsprechend gewählten Eigenschaften noch zutreffender ist. Je mehr Eigenschaften übereinstimmen desto zutreffender die Bindungen und Verbindungen (Formen der Ethnologie).
Wer sich wie binden möchte, zurückgezogen oder exponiert, hängt meist von der Lebensphase, dem Lebenszyklus ab und ist kein statischer Zustand oder Umstand.
Diese reichen dennoch nur soweit wie Ähnlichkeiten in der vorausgegangen Sozialisierung stattgefunden haben (Vgl. 2025,
Architektur und Psyche – Wie die Umgebung unser Denken und Fühlen prägt). Hier kommen die aktuellen Entwicklungen der Narrative und Storytelling zum tragen (Vgl. 2025, Wie Narrative unsere Wirklichkeit prägen und wann sie an ihre Grenzen stoßen). Man kann sich in einer Gruppe eine Zeitlang aufhalten, solange man das Gefühl einer Synchronität empfindet man würde gut in diese oder jene Gruppe passen. Um sich weiter zu entwickeln und sein Wesen zu finden, wäre man genötigt in das nächste Novum überzugehen.

Darauf zu schließen das jemand dasselbe denkt wie ich, ist ebenfalls ein Phänomen der Wahrnehmung, bzw. des Bewusstseins. Der Philosoph Jürgen Habermass hat zum Thema Koinzidenz in seinem Werk „Theorie kommunikativen Handelns“ ein gutes Beispiel geliefert (siehe Lexikon/#Koinzidenz). Aufgrund eigener Beobachtungen die jemand anstellt und sich deutlicher machen durch Wiederholungen, geht die Mutmassung dahin das sich ein Sachverhalt so zuträgt wie ich diesen Vermute. Der Schreck ist dann gross wenn sich plötzlich offenbart wie sehr man sich getäuscht hat (Vgl. 2024, Und, welchen Film hat dein Gehirn gesehen?).

Spiegelneuronen sind im Gehirn dezentral angeordnet, in der Regel dort wo eigene Erfahrungen als Muster abgelegt werden (Vgl. 2025,
Sehen will gelernt sein – Unsere Wahrnehmung verändert sich mit der Erfahrung). Das bedeutet, alles was mich als Mensch an Erfahrung ausmacht ist die Welt die sich in mir auch erschließen lässt. Auf diese Weise entsteht sehr häufig der Eindruck ich könnte jemandes Gedanken lesen oder sehen. In ähnlicher Weise und damit verbunden ist eine Überanpassungsleistung. Trauriger Weise entsteht diese durch gewaltsames mentales, also kognitiv psychisches Eindringen in einen Menschen. In etwa durch Aufoktroyieren, aufprägen von Leistungen in Verbindung unter Androhung von Gewalt. Wenn man so will, nach der Beschreibung von Max Weber, „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“
Diese Form der Macht bleibt eine kurzweilige. Zu stark ist die Eigenmächtigkeit von Menschen und Dingen (Vgl. 2025, Zwischen Ich und den anderen. Das Gehirn wägt ab, zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung).

Wie die Jahrhundertphilosophin Hannah Arendt in „Macht und Gewalt“ aber schon genauso deutlich zeigen konnte wie der Philisoph Byung Chul Han, wer Gewalt anwenden muss, und das sieht man in den aktuellen Konflikten durchaus deutlich, hat bereits an Macht verloren und strebt aus dem Grund zur Gewalt diese wiedererlangen zu wollen (Vgl. Arendt, 2019; Chul-Han 2019).
Bewusstes Macht einsetzen ist daher, wie man es aus zahlreichen social media beiträgen von Charlie Chaplin kennt, ist immer eine bösswillige Handlung. Macht hat ein gewöhnliches Gefüge das über das Binden und loslassen zwischen Beziehungen stattfindet. Darüber hinaus ist jeder Mensch einer gewissen Eigenmächtig seines Wesens unterworfen das es im Lebensverlauf zu erreichen gilt. Menschen nehmen lediglich etwas in Kauf weil sie um den kurzweiligen Einfluss nachteiliger Handlungen wissen, auch dann wenn es sie das eigene Leben kostet. Die Eigenmächtigkeit eines Menschen ist im gesamten Prozess vergleichbar mit einer Pflanze.
Die Erde, der Erdboden ist die Sozialisierung und so wie eine Blume zur Sonne hinwächst, so wächst der Mensch zur Liebe hin. Ein Antrieb dafür liegt in der Belasstungsfähigkeit. Meist will man sich aus der Situation befreien die einen belastet.
Auch die Perspektiven aus denen ich etwas betrachte, etwa mein kultureller Hintergrund, der sowohl dem Millieu, der Sippe entnommen sein kann, bei dem es sich aber auch um das Wissen handeln kann das ich habe kann darüber entscheiden was ich in der Lage bin zu beobachten oder zu sehen. In der Regel sind es Mikromomente die man aufnimmt. Diese Frage beleuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer aktuellen Studie.

Henning Beck (et al. Beck, S. 327, 2021) beschreibt im Sinne einer Subjektivität. Eine Farbe zu erkennen obwohl ein Mensch Blind ist, diese also nicht sehen kann, steht in Abhängigkeit einer Erlebnisqualität die sich philosophisch Qualia nennt. Erfahrung und Empfindung bilden die Erfahrungsdimension. Das Gehirn geht hierarchisch vor, kombiniert einfache Erregungen zu immer komplexeren Mustern. Werden diese Hierarchiestufen irgendwann entsprechend komplex, tritt ein Bewusstseinseffekt auf der zu einem subjektiven Bewusstseinserlebnis führt.

Wie erkennt und interpretiert unser Gehirn also das Verhalten anderer Menschen – sei es, dass sie einen Freund begrüßen, gemeinsam eine Mahlzeit zubereiten oder Sport treiben? Eine neue Studie von André Bockes, Doktorand und Prof. Angelika Lingnau vom Lehrstuhl für Kognitive Neurowissenschaften an der Universität Regensburg, die in Zusammenarbeit mit Prof. Martin Hebart von der Justus-Liebig-Universität Gießen entstanden ist, hat sich mit dieser Frage befasst. Gemeinsam haben die Forschenden ein Modell entwickelt, wie Menschen Handlungen wahrnehmen und kategorisieren.

Anhand einer sorgfältig ausgewählten Sammlung von 768 kurzen Videoclips, die 256 Arten menschlicher Handlungen zeigen, bewerteten mehr als 6.000 Teilnehmende, wie ähnlich ihnen diese Handlungen erschienen. Auf der Grundlage dieser Bewertungen erstellten die Forschende ein mehrdimensionales Modell, das zeigt, wie verschiedene Aktivitäten in unserem Gehirn miteinander in Beziehung stehen.

Ihre Analyse ergab 28 aussagekräftige Eigenschaften – wie soziale Interaktion, der Einsatz von Werkzeug oder die Anwesenheit mehrerer Personen in einer Szene –, die die wesentlichen Arten und Weisen erfassen, wie wir menschliche Handlungen wahrnehmen und kategorisieren. Dieser Rahmen bietet neue Einblicke in die Art und Weise, wie unser Gehirn die vielfältigen Handlungen, die wir täglich beobachten, einordnet, und ebnet den Weg für zukünftige Projekte zur Verhaltens- und Neuroimaging-Forschung rund um die Themen Wahrnehmung, Kommunikation und sozialem Verständnis.

“Die Eigenschaften, die wir mit dieser Studie bestimmt haben, erlauben es uns, die Ähnlichkeit zwischen verschiedenen Handlungen zu quantifizieren. Dadurch können wir präzise Vorhersagen für zukünftige Studien formulieren, in denen wir das Verhalten und die neuronalen Antworten von ProbandInnen bei der Darbietung unterschiedlicher Handlungen untersuchen. Ein vor kurzem bei der DFG eingeworbenes Drittmittelprojekt wird es uns ermöglichen, diesen Fragen gezielt nachzugehen“, so Prof. Angelika Lingnau.

Originalpublikation:

https://doi.org/10.1038/s44271-025-00338-y

Quelle:
Habermass, Jürgen; Theorie kommunikativen Handelns

Arendt, Hanna; Macht und Gewalt, 2019

Beck Henning; Faszinierendes Gehirn, 2021

Byung Chul-Han, Was ist Macht?

Korrelation
http://de.gate-communications.com/lexikon/#Korrelation

Kausalität
http://de.gate-communications.com/lexikon/#Kausalit%C3%A4t

Lexikon Koinzidenz
http://de.gate-communications.com/lexikon/#Koinzidenz

Weitere Informationen

Architektur und Psyche – Wie die Umgebung unser Denken und Fühlen prägt, 2025
http://de.gate-communications.com/architektur-und-psyche-wie-die-umgebung-unser-denken-und-fuehlen-praegt/

wie Narrative unsere Wirklichkeit prägen und wann sie an ihre Grenzen stoßen, 2025
http://de.gate-communications.com/wie-narrative-unsere-wirklichkeit-praegen-und-wann-sie-an-ihre-grenzen-stossen/

Zwischen Ich und den anderen. Das Gehirn wägt ab, zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung, 2025
http://de.gate-communications.com/zwischen-ich-und-den-anderen-das-gehirn-waegt-ab-zwischen-eigen-und-fremdwahrnehmung/

Wahrnehmung – Unser Denken bestimmt was wir sehen, 2025
http://de.gate-communications.com/wahrnehmung-unser-denken-bestimmt-was-wir-sehen/

Wie KI die Welt wahrnimmt, 2025
http://de.gate-communications.com/wie-ki-die-welt-wahrnimmt/

Zu schnell zum Sehen Augenbewegungen sagen Geschwindigkeitsgrenzen der Wahrnehmung voraus, 2025
http://de.gate-communications.com/zu-schnell-zum-sehen-augenbewegungen-sagen-geschwindigkeitsgrenzen-der-wahrnehmung-voraus/

Sehen will gelernt sein – Unsere Wahrnehmung verändert sich mit der Erfahrung, 2025
http://de.gate-communications.com/sehen-will-gelernt-sein-unsere-wahrnehmung-veraendert-sich-mit-der-erfahrung/

Und, welchen Film hat dein Gehirn gesehen? 2024
http://de.gate-communications.com/und-welchen-film-hat-dein-gehirn-gesehen/

Wie unser Gehirn sieht – und wie es sich täuschen lässt, 2025
http://de.gate-communications.com/wie-unser-gehirn-sieht-und-wie-es-sich-taeuschen-laesst/

Neurobiologie Filme „spielen“ sich im Gehirn als oszillatorische Sinfonie ab, 2025
http://de.gate-communications.com/neurobiologie-filme-spielen-sich-im-gehirn-als-oszillatorische-sinfonie-ab/

Jeder Mensch sieht die Natur mit anderen Augen, 2025
http://de.gate-communications.com/jeder-mensch-sieht-die-natur-mit-anderen-augen/

Nicht nur mit den Augen sehen Erregungsgrad beeinflusst Wahrnehmung, 2024
http://de.gate-communications.com/nicht-nur-mit-den-augen-sehen-erregungsgrad-beeinflusst-wahrnehmung/

Persönlichkeitsentfaltung – ein Fall der Neurowissenschaft – Verdrahtung im Gehirn beeinflusst Persönlichkeit, 2008
http://de.gate-communications.com/persoenlichkeitsentfaltung-ein-fall-der-neurowissenschaft-verdrahtung-im-gehirn-beeinflusst-persoenlichkeit/

Menschen denken in vielen Dimensionen gleichzeitig, 2024
http://de.gate-communications.com/menschen-denken-in-vielen-dimensionen-gleichzeitig/


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