Muskelaktivität und Anpassungen lassen sich ohne Hautkontakt erfassen. Nicht nur für klinische Diagnostik und neurowissenschaftliche Forschung, sondern auch zur Trainings- und Bewegungssteuerung kann Muskelaktivität kontaktlos vermessen werden. Zwangsläufig werden damit auch Daten für Wearables barrierefreier zugänglich. In jeglicher Form weist es aber auf die zukünftige Fähigkeit hin körperliche Effizienz an moderne körperliche Energieversorgung differenziert anzupassen. Verfahren zur kontaktlosen Vermessung der Muskelaktivität und Anpassungsleistung sind durch ein Forschungsteam bestehend aus Hertie-Institut für klinische Hirnforschung der Universität Tübingen und der Universität Stuttgart entwickelt worden. Die in den Fachzeitschriften Journal of Electromyography and Kinesiology und Journal of Neural Engineering publizierten Studien zeigen: Magnetfelder, die bei Muskelbewegung entstehen, lassen sich mit hochsensiblen Quantensensoren erfassen – ganz ohne Elektroden oder Hautkontakt.
Tübingen/Germany, 7. Mai 2025. Die Forscher nutzten sogenannte optisch gepumpte Magnetometer (OPM), um die magnetischen Felder aktiver Muskeln zu messen – ein Verfahren, das als Magnetomyographie (MMG) bezeichnet wird. In der ersten Studie trainierten Probanden ihren Bizeps über vier Wochen. Die Ergebnisse zeigen, dass MMG ähnlich zuverlässig wie das etablierte Verfahren der Elektromyographie (EMG) Veränderungen der neuromuskulären Aktivität durch das Training erfassen kann – mit dem Vorteil, dass die Messung völlig kontaktlos erfolgt.
In der zweiten Studie gelang es dem Team erstmals, die sogenannte Muskelfaserleitungsgeschwindigkeit (Muscle Fiber Conduction Velocity, MFCV) rein magnetisch zu messen. Dieser wichtige Parameter gibt Auskunft darüber, wie schnell Signale entlang der Muskelfasern geleitet werden – ein Wert, der in der Sportwissenschaft und Diagnostik eine zentrale Rolle spielt. Auch hier zeigte sich: Mit steigender Muskelkraft erhöht sich die Leitungsgeschwindigkeit – ein bekanntes Phänomen, das nun erstmals kontaktlos gemessen wurde.
Besonders bemerkenswert ist, dass diese Ergebnisse nicht nur Einblicke in die Muskelphysiologie erlauben, sondern auch praktische Anwendungen ermöglichen. Durch die kontaktlose Technik entfällt die aufwendige Vorbereitung der Haut, die bei klassischen Elektrodenmessungen oft nötig ist. Das macht die Methode besonders attraktiv für wiederholte Messungen im Training, Messungen bei Kindern oder in der Rehabilitation.
„Ich freue mich, dass wir mit unserem interdisziplinären Team einen sichtbaren Beitrag zur Übertragung von Quantentechnologien in konkrete medizinische Anwendungen leisten können. Unsere Studien zeigen, dass sich Muskelaktivität hochpräzise erfassen lässt – ganz ohne Hautkontakt“, sagt Studienleiter PD Dr. Justus Marquetand. „Das eröffnet neue Perspektiven für die klinische Diagnostik, die Trainingssteuerung und die neurowissenschaftliche Forschung. Wir verstehen zunehmend besser, in welchen Bereichen Quantensensoren künftig eine zentrale Rolle in der Medizin spielen könnten“, ergänzt Prof. Dr. Markus Siegel, Leiter der Abteilung für neuronale Dynamik und Magnetenzephalographie, in der die Studien durchgeführt wurden.
Die Ergebnisse verdeutlichen, welches Potenzial in der Verbindung von moderner Sensortechnologie und neurowissenschaftlicher Forschung steckt – und wie sich Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in alltagsnahe Anwendungen überführen lassen.
Originalpublikation:
Baier L, Brümmer T, Senay B, Siegel M, Keleş AD, Röhrle O, Klotz T, Noury N, Marquetand J. Contactless measurement of muscle fiber con-duction velocity-a novel approach using optically pumped magnetome-ters. J Neural Eng. 2025 Apr 16;22(2).
https://doi.org/10.1088/1741-2552/adc83b
Brümmer T, Lu H, Yang H, Baier L, Braun C, Siegel M, Marquetand J. Training adaptations in magnetomyography, Journal of Electromyogra-phy and Kinesiology, 2025, 103012, ISSN 1050-6411.
https://doi.org/10.1016/j.jelekin.2025.103012.
Bildquelle
envandrare Pixabay
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