Schneise im Boden

Dynamik menschlicher Gesellschaften der Bronzezeit


Einblick in das gesellschaftliche Zusammenleben und Bevölkerungsdynamiken in der späten Bronzezeit (circa 1.500 bis 1.000 v. Chr.) gibt eine neue Studie, die archäologische und genetische Forschungsergebnisse zusammenführt. Das internationale Team von Wissenschaftler*innen, darunter des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA) in Mainz sowie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, analysierte dafür Bestattungspraktiken in der Mongolei. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Mainz/Germany, 26. September 2025. – Geschichtlich verdichten sich die Hinweise der Menschen zunehmend im Bezug auf Herkunft und Abstammung. Die Evolution des Menschen, seine Urgeschichte sammelt sich durch und mit den Erfahrungen im Unterbewussten an und zeigt auf diese Weise was in allen Menschen an Ursprüngen zu erkennen ist. Was erlebt wurde, Zeitgeist, Epochen, Episoden und kollektive Erlebnisse und Ereignisse werden durchlebt, im Unterbewussten abgelegt und neue Zeiten aktiv und bewusst angegangen.

Die evolutionäre Erkenntnistheorie beruht auf dem englischen Biologen Charles Darwin (1809 – 1882) der beschreibt, das unser Körper als auch unsere Sinnesorgane, wie auch Gehirn und Nervensystem sich aus einfachsten Anfängen hin zu komplexeren System entwickelt hätte. Dabei aber immer in Interaktion zur Umwelt standen.
Heute steht diese Umwelt – im Vergleich – in Wechselwirkung zur künstlichen Intelligenz. Der Mensch hat eine gewisse reife erreicht und es scheint Zeit sich selbst ins Gesicht zu schauen, zu sehen und zu erkennen wer wir wirklich sind. Vernunft hat sich aus Problemsituationen entwickelt. Mit ihrer Resilienz entstand die Fähigkeit überleben zu können. Für diese Fähigkeit war zunächst keine Objektivität erforderlich. Erst im weiteren Verlauf, zum Schutz in der Gruppe oder Gesellschaft musste, um sich zu einigen, gegenseitig Eingeständnisse gemacht werden. Vielleicht der Beginn der gegenseitigen Sozialisierung. Nur so konnte ein Zusammenwachsen in Gruppen möglich werden.

Die Welt folgt Mustern, will man wissen wie die Zukunft weiter voran schreitet, so ist immer der Blick zurück aussagekräftig. Und es bleibt kaum anderes übrig als Entdeckungen der Vergangenheit auf ihre aktuelle Zukunftstauglichkeit hin zu prüfen. Migration und Fluchtbewegungen sind aktuell durch Klimaveränderung und Anpassungen geprägt. Dieses Ereignis kann auch in der Vergangenheit zu neuen Bewegungen motiviert haben.

Die ursprünge der Menschheit gehen bekannter massen auf den heutigen Standort im Nahen/mittleren Osten zurück und suchten sich offensichtlich die Ausbreitung über Asien hin nach Europa. Spuren deuten darauf hin das über das heutige Nordamerka Menschen aus Asien übersiedeln konnten (Vgl. Arte Dokumentation, 2018). Zu einem späteren Zeitpunkt folgte der evolutionären Entwicklung die kulturelle Entwicklung nach.

Aus Richtung Asien entwickelte sich einer diese Ströme hin in Richtung Europa. Eine interdisziplinäre Studie wirft jetzt ein neues Licht auf die prähistorische Bevölkerungsdynamik in der Zentralmongolei. Die östliche eurasische Steppe, die sich über tausende von Kilometern hinweg von Zentralasien bis in den Osten Chinas zieht, war über Jahrtausende hinweg ein Knotenpunkt für Migration, Innovation und kulturellen Austausch. Die Analyse von menschlichen Genomen und damaligen Bestattungspraktiken zeigt: Zwei genetisch und kulturell deutlich unterscheidbare Gruppen von bronzezeitlichen Viehzüchtern lebten über Jahrhunderte nebeneinander – bis sie durch die Ausbreitung der sogenannten Plattengrabkultur in der frühen Eisenzeit verdrängt wurden.

Im Blickpunkt der Forschung standen zwei Gruppen von Nomaden, die im 2. und 1. Jahrtausend v. Chr. in der Mongolei lebten. Während die eine Gruppe ihr Kerngebiet im Süden und Südosten der Mongolei hatte, erstreckte sich das Gebiet der anderen Gruppe von der West- bis zur Zentralmongolei. Beide Gruppen trafen sich im zentralmongolischen Orkhon-Tal. Dort teilten sie sich auch dieselbe rituelle Landschaft: Sie begruben ihre Toten am Hang desselben Berges.

Archäologische Forschungen vor Ort zeigten, wie sich die Ausrichtung und Platzierung der Verstorbenen in den Gräbern zwischen den beiden Gruppen unterscheidet. Die Toten der westlichen Gruppe sind nach Nordwesten ausgerichtet, während die östliche Gruppe die Verstorbenen nach Südosten ausrichtet. Auch die Gestaltung der Gräber zeigt kulturelle Unterschiede; den steinernen Grabhügeln des sogenannten Deer Stone-Khirigsuur Komplexes (DSKC), stehen in der Regel kleinere sanduhrförmige Gräber gegenüber.
Der interdisziplinäre Ansatz der Studie erweitert nun das Bild: „Unsere humangenetischen Analysen zeigen, dass sich diese beiden Gruppen über rund 500 Jahre hinweg kaum genetisch vermischt haben, obwohl sie im selben Raum lebten“, erklärt Dr. Ursula Brosseder, Leiterin des Kompetenzbereichs „Vorgeschichte“ am LEIZA und Co-Erstautorin der Studie, und betont: „Bislang gibt es weltweit nur sehr wenige Fälle, in denen wir für die prähistorische Zeit ein solches Verhalten oder die Regeln, die die Heiratspraktiken strukturieren, identifizieren können.“

Mit dem Übergang zur frühen Eisenzeit (circa 1.000 bis 300 v. Chr.) setzte sich jedoch eine neue Kultur der Bestattung durch: Die Gräber weisen nun eine Einfriedung aus Steinplatten auf. Diese Plattengrab-Kultur entstand aus der östlichen Tradition der sanduhrförmigen Gräber, breitete sich rasch nach Westen aus und ersetzte dabei die Bestattungsriten der westlichen Kultur. „Wir können mit den neuen Daten zeigen, dass diese Veränderung nicht nur kulturell sichtbar ist, sondern auch im Erbgut nachweisbar ist, denn die genetischen Profile der Bestatteten aus den Plattengräbern zeigen kaum Verbindung zu den vorher dominanten westlichen Gruppen“, berichtet Jan Bemmann, Professor für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie an der Universität Bonn. „Offenbar verdrängte eine große Gruppe von Menschen, die neu aus dem Osten in die Region strömten, die zuvor dominierende westliche Gruppe und ersetzte die Bevölkerung vollständig. Selbst später, während des Xiongnu-Reiches in der Zeit zwischen 200 v. Chr. bis 100 n. Chr., das eine Vielzahl von Gruppen integrierte, sind keine genomischen Spuren der früheren westlichen Gruppe zu finden.“

Darüber hinaus bestätigt die Studie, dass die genetischen Ursprünge der westlichen Bevölkerung teilweise auf die frühen Afanasievo- und Khemtseg-Kulturen zurückgehen – Gruppen, die vor über 2.000 Jahren die mobile Tierhaltung nach Zentralasien brachten. Damit lässt sich ein genetisches Erbe über mehrere Jahrtausende hinweg nachverfolgen.
„Unsere Studie liefert einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Wechselwirkungen zwischen genetischer Identität und kultureller Praxis in einer der ältesten Viehzüchterregionen der Welt. Sie zeigt, dass kulturelle Koexistenz nicht zwangsläufig zu genetischer Vermischung führt – ein Phänomen, das tiefgreifende Implikationen für das Verständnis früher menschlicher Gesellschaften und ihrer Dynamiken hat“, fasst Brosseder die Bedeutung der Forschungsergebnisse zusammen.

Die Forschung basiert auf Ergebnissen aus dem Projekt „Bioarchäologische Untersuchungen zu bronze- und eisenzeitlichen Gräberfeldern in einer Mikroregion im Oberen Orkhontal, Zentrale Mongolei (BARCOR)“, das nach einer Pilotphase (2011-2013) von 2015 bis 2022 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurde und an der Universität Bonn angesiedelt war.

Die Studie ist eine Kooperation mit dem Institut für Archäologie der Mongolischen Akademie der Wissenschaften und wurde gemeinsam von Forscher*innen des LEIZA, der Universität Bonn, des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie, Leipzig, der Harvard University, Cambridge, USA, der Seoul National University, Seoul, Republik Korea (Südkorea) und weiteren Institutionen in der Mongolei, Monaco und den USA durchgeführt, unter ihnen mehrere Expert*innen für genetische Analysen.

Originalpublikation:

Juhyeon Lee, Ursula Brosseder, Hyoungmin Moon, Raphaela Stahl, Lena Semerau, Jamiyan-Ombo Gantulga, Jérôme Magail, Jan Bemmann, Chimiddorj Yeruul-Erdene, Christina Warinner, Choongwon Jeong:
Slab Grave expansion disrupted long co-existence of distinct Bronze Age herders in central Mongolia
Nature Communications
https://doi.org/10.1038/s41467-025-63789-1

Weitere Informationen
Naia und der Ursprung der Besiedlung Amerikas, 2018, Dokumentation Arte


Bildquelle
Copyright: Ursula Brosseder, Interdisziplinäre Forschungen am Gräberfeld von Maikhan Tolgoi in der Zentralmongolei ermöglichen neue Einblicke in das gesellschaftliche Zusammenleben und Bevölkerungsdynamiken in der späten Bronzezeit (circa 1.500 bis 1.000 v. Chr.).


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert