Was bewirkt bewusste Stille in Bezug auf Wohlbefinden und Gesundheit? Die Stille ermöglichte den Probanden und Probaninnen tiefere emotionale Prozesse zu durchleben und besser mit schwierigen Gefühlen umzugehen. Die „Freiburger Stille-Studien“, widmen sich seit 2015 der empirischen Erforschung der Wirkung und Wahrnehmung von Stille. Die Ergebnisse sind bemerkenswert: Bereits wenige Minuten Stille steigern das Wohlbefinden, fördern Entspannung und verändern die Selbst- und Zeitwahrnehmung der Teilnehmenden signifikant. In Kombination mit therapeutischen Verfahren und Natursettings zeigen sich vielfältige gesundheitsförderliche Potenziale – mit weitreichenden Implikationen für Therapie, Prävention und Forschung.
Freiburg/Germany, 13. Oktober 2025. – Geht es nach dem Psychologen und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick, dann sagt man auch dann wenn man nichts sagt eine ganze Menge. Doch diese Form des Schweigens kann im falschen Kontext auch mehr Schaden mit sich bringen. Schweigen kann aber auch eine Aufforderung für eine gewollte Stille werden, Momente sich selbst zu reflektieren und über sich nachzudenken. Eine Zeit in Anspruch nehmen über sich selbst nachzudenken. Und das man etwas aus dem tieferen inneren hören kann, das im Gleichklang mit heilender Kraftwirkung einher geht, das zeigt die nachfolgende Langzeitstudie.
Die beiden Wissenschaftler Eric Pfeiffer und Marc Wittmann haben sich in der Forschung um die therapeutische Wirkung der Stille einen Namen gemacht und Bekanntheit in der Branche erlangt.
Prof. Dr. habil. Eric Pfeifer, einem Psychotherapeuten, Musiktherapeuten und Professor an der Katholischen Hochschule Freiburg (KH Freiburg), und Dr. Dr. habil. Marc Wittmann (IGPP – Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene Freiburg) haben die „Freiburger Stille Studien“ ins Leben gerufen, die zu den bekanntesten wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Psycho- und Musiktherapie zählen.
Die Studien untersuchen die Wahrnehmung und Auswirkung von Stille und deren therapeutisches Potenzial – unter spezifischer Berücksichtigung von Musiktherapie, humanistischer Psychotherapie und naturgestützter Therapie.
Hintergrund und Ursprung der Freiburger Stille-Studien
Nach jahrelanger Forschung konnte die beiden Forschenden systematisch die Wahrnehmung und Auswirkung von Stille in Relation zu verschiedenen Faktoren und psychologischen Konstrukten zu erforschen. Sie untersuchten Stille nicht nur als Beiwerk klanglicher oder aktustischer Nebenproduktion, sondern die geziehlte Bedeutung von Stille. Mit Beginn 2015 wurden verschiedene Zusammenhänge mit Entspannung, Stimmunf, Rumination, Emotionalität oder Erregung untersucht.
Die Gruppe um die beiden leitenden Wissenschaftlern wollten herausfinden über welche Potenziale Stille als akustisches Phänomen, als ästhetische Ressource, u.a. auch in Kombination mit musiktherapeutischen Methoden und Natursettings, im Hinblick auf eine mögliche Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden verfügt.
An dieser Stelle ist auch die Arbeit von Christine Stolterfoth, akademische Mitarbeiterin an der KH Freiburg, zu erwähnen, die im Rahmen ihrer von Prof. Pfeifer betreuten Promotion an die bisherigen Studien anknüpft und die Bedeutung von Stille zur Gesundheitsförderung und Stressprävention unter Mitarbeitenden und Studierenden an Hochschulen und Universitäten untersucht.
Ein weiteres Ziel der Studien ist es, auf Basis der Ergebnisse, für eine Neuevaluierung der Bedeutung von Stille innerhalb der Musiktherapie zu plädieren und Stille sozusagen als gleichberechtigtes akustisches Element neben Klang zu emanzipieren. Besonders interessieren sich die Forschenden deshalb dafür, ein Verständnis von Stille als akustischer, ästhetischer oder auch transmodaler Ressource zur Förderung, Erhaltung und Wiederherstellung von psychischer, sozialer und ökologischer Gesundheit zu etablieren – auf Grundlage empirischer Forschung.
Die Methodik der „Freiburger Stille-Studien“
Die „Freiburger Stille-Studien“ zeichnen sich durch ein empirisches, fundiertes methodisches Vorgehen aus, das sowohl quantitative als auch qualitative Ansätze berücksichtigt. Die Einbindung unterschiedlicher wissenschaftlicher Methoden ermöglicht eine umfassende Untersuchung in Bezug auf die Wahrnehmung und die Wirkung von Stille. Die Interventionen in den Studien bestehen zumeist aus einer sechseinhalb Minuten dauernden Stille. Die Rahmenbedingungen unterscheiden sich jedoch von Studie zu Studie und finden beispielsweise draußen in der Natur (Wald, Stadtgarten) oder drinnen in einem Seminarraum, im Einzel- oder im Gruppensetting, in Kombination mit Musiktherapeutischer Tiefenentspannung oder als „pure“ Stille ohne vorherige therapeutische Induktion statt.
Die Forschenden interessiert im Besonderen, wie die Teilnehmenden die Stille wahr-nehmen, was sich verändert im Vergleich vor vs. nach der Stille. Hierfür werden quantitativ messende wie auch qualitativ beschreibende Verfahren zur Evaluierung psychischer und körperlicher Aspekte und Prozesse herangezogen. Das heißt, dass sowohl standardisierte Messinstrumente und Fragebögen wie auch Interviews und Gruppendiskussionen zur Anwendung kommen, wodurch ein umfassendes Bild der Auswirkungen von Stille auf das z.B. individuelle Wohlbefinden, die individuelle Stimmung und Wahrnehmung entsteht.
Ergebnisse einer systematischen Übersichtsarbeit zu Stille in der Musiktherapie
Ein kürzlich von Christine Stolterfoth und Prof. Dr. Eric Pfeifer veröffentlichtes systematisches Review zu Stille in der Musiktherapie erfasst und evaluiert die bestehen-den Studien zu diesem Thema und beleuchtet dabei die Potenziale von Stille für die Musiktherapie-Praxis und -Forschung. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Stille ein komplexes Phänomen ist, das in verschiedenen Formen auftritt und sich in mehrfacher Hinsicht auf psychische Prozesse auswirkt. Laut den Ergebnissen des Reviews beeinflusst Stille unter anderem Entspannung, Stimmung, Rumination sowie die Wahrnehmung von Selbst, Zeit und Raum.
Eine weitere Erkenntnis des Reviews ist, dass Stille als eine eigenständige Methode der Musiktherapie verstanden werden kann. Einige Arbeiten definieren Stille als eine grundlegende Technik innerhalb der Musiktherapie, die nicht nur durch die Abwesenheit von Klang, sondern auch durch gezielte Pausen und Momente der Reflexion wirkt. Darüber hinaus wurden im Rahmen anderer Studien spezifische Modelle entwickelt, um die Rolle der Stille im therapeutischen Kontext zu erklären. Interessanterweise werden auch die therapeutische Beziehung und die Präsenz des*der Musiktherapeut*in als wichtige Faktoren für die positive Wirkung von Stille in der Musiktherapie identifiziert.
Die Erkenntnisse der „Freiburger Stille-Studien“
Die Ergebnisse der „Freiburger Stille-Studien“ und des systematischen Reviews zeigen eine klare Tendenz: Stille verfügt über weitreichende und vielseitige gesundheits-förderliche Potenziale. Die Studien von Prof. Dr. Eric Pfeifer, Dr. Marc Wittmann und ihrem Team deuten auf eine Reihe von positiven Effekten und Wirkungen von Stille hin:
Verbesserungen im Bereich der Stimmung: Teilnehmende, die an Stille-Studien teilnahmen, berichteten von einer verbesserten Stimmung und zeigten im Anschluss geringere emotionale Erregtheit. Die Stille ermöglichte es ihnen, tiefere emotionale Prozesse zu durchleben und besser mit schwierigen Gefühlen umzugehen.
Stressabbau und Entspannung: Die Studien zeigten, dass Teilnehmende nach einer sechseinhalbminütigen Stille signifikant entspannter waren als davor. Dabei erwiesen sich Naturumgebungen und die Kombination von Stille mit Musiktherapeutischer Tiefenentspannung als besonders wirksam.
Veränderte Wahrnehmung von Zeit, Raum und Selbst: Teilnehmende berichteten, dass Stille im Rahmen der Studien ihre Wahrnehmung von Zeit, Raum und Selbst veränderte. So führte Stille u.a. zu einer Fokussierung auf die Gegenwart, auf das Hier-und-Jetzt, und gleichzeitig zu einer Reduktion der Vergangenheits- und Zukunftsorientierung. Stille bewirkte zudem eine gesteigerte emotional-positive Selbstwahrnehmung.
Langfristige Verbesserung des Wohlbefindens: Die Resultate geben Anlass dazu, Stille als vielseitig wirksames akustisches Phänomen oder als ästhetische Ressource zu verstehen, die gerade im Hinblick auf Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität über spezifische Potenziale verfügt. Aus diesem Grunde wäre es sicherlich angebracht, Stille verstärkt Beachtung zu schenken im Kontext von Gesundheit, Gesellschaft, Arbeits- und Wirtschaftswelt sowie im Angesicht aktueller globaler Herausforderungen.
Weitere Informationen:
https://www.kh-freiburg.de/de/hochschule/news/2025/10-08-freiburger-stille-studi… News Beitrag
https://www.spiegel.de/gesundheit/psychotherapie-stille-hat-die-kraft-das-gedank… Interview mit Eric Pfeifer über die therapeutische Wirkung von Stille
Bildquelle
vined mind Pixabay
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Clara & Il Volo – „The Sound of Silence“ {SANREMO 2025} Live Audio – Photo/Video Show
https://youtu.be/uTM6OHAWXGk?si=UouIV7J-Lx0ptWUF
1965 Simon & Garfunkel – The Sound of Silence (from The Concert in Central Park)
https://youtu.be/NAEppFUWLfc?si=kEL8xjUKXiCKL_J-



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