Künstliche Verknappung als Massenphänomen


Neben künstlicher Verknappung trägt eine Reihe psychologischer „Tricks“ zur Befriedigung affektiver Handlungen zum Erfolg trivialer Konsumentenverführung bei. Der Wissenschaftler Michael Rasimus der DHBW in Karlsruhe beschäftigt sich mit diesen affektiven Reizen die zur Kaufmanipulation beitragen.

Karlsruhe, 04. Oktober 2024. Die fundamentalste Frage der Volkswirtschaft lautet immer: „wozu wirtschaften Menschen“? Genau mit diesem Ausgangspunkt lässt sich auch Affektiv wirtschaften. Menschen reagieren dabei mehr impulsartig und blenden andere rationale Aspekte völlig aus. Produkte sind ursprünglich dafür gemacht, um menschliche Defizite zu befriedigen, zu bedienen.
Zur künstlichen Steigerung und sicher in Verlängerung einer Form modernen Kolonialismus arbeitet die Industrie seit vielen Jahrzehnten bereits mit besonderen Formen psychologischer Phänomene. Was allerdings zunehmend in den Fordergrund tritt sind die nachteiligen Auswirklungen eine großen Form von Misstrauen gegenüber den Anbietern. Die Anbieter spalten sich daher in Unternehmen, die damit kurzfristig einnahmen generieren und in verhältnismäßig schwierigen Zeiten weniger Überlebenschancen haben. Unternehmen mit mittel bis langfristigen Zielen hingegen haben daher auch höhere Überlebenschancen und bauen langfristig Vertrauen auf.

Michael Rasimus ist Leiter des Eye Tracking-Labors der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Karlsruhe. Er beschreibt wie Neurowissenschaft und Konsumentenforschung auf das Kaufverhalten bei Verbrauchern wirken und welche Rolle psychologische Mechanismen dabei spielen. Vieles von dem, was lange vermutet ist, bestätigt sich.
Prime Deal Days, Singles Day, Caber Week, Black Firday oder Cyber Monday haben alle gemeinsam, eine künstliche Verknappung und bilden damit eine Art Massenmagnet im Verkauf von Produkten.
„Viele KäuferInnen erwarten exklusive und zeitlich begrenzte Angebote, die intensiv beworben werden und hohe Rabatte versprechen“, erläutert Rasimus. „Fear of missing out“ bedeutet die Angst ein attraktives Angebot zu verpassen. Ein Treiber der auch das Belohnungssystem des Gehirns unterstützt. Die Aussicht ein Schnäppchen zu erhaschen genügt bereits, um diesen Vorgang in Bewegung zu setzen. „Botenstoffe wie Dopamin sorgen für Glücksgefühle und steigern das emotionale Verlangen“, erklärt Rasimus weiter. Was gerne als Kaufrausch bezeichnet wird, hat viel von Suchtähnlichem Verhalten.

Auch Trigger-Reize wie rote Rabattkennzeichnungen beeinflussen das Kaufverhalten.Rote Rabattkennzeichnungen oder durchgestrichene Ankerpreise wie die UVP (unverbindliche Preisempfehlung) suggerieren enorme Ersparnisse“, so Rasimus. Begrenzte Verfügbarkeit und ein Countdown erzeugen künstlichen Druck und hemmen das rationale Denken.Eine umfangreicheSammlung von Kaufgewohnheiten der Kundschaft bieten die Möglichkeit für gezielte persönliche Ansprache.

Die Wahrscheinlichkeit das KonsumentInnen unkompliziert zum Produkt ihres Vorzugs gelotstwerden ist damit sehr hoch, zumal Algorithmen diese Entwicklung entwerfen. Allerdings sieht man auch hier so deutlich wie wohl kaum irgendwo, das damit auch die Entwicklung einhergeht, das Menschen zunehmend ein besseres Bewusstsein dafür bekommen, wassie tatsächlich benötigen.Trotz aller Verlockungen rät Rasimuszu einem bewussten Umgang mit den Angeboten: „Viele lassen sich von der Atmosphäre solcher Events mitreißen und treffen unüberlegte Kaufentscheidungen.“ Eine Vielzahl weiterer Onlineinstrumente ermöglicht es Preisvergleiche anzugehen, unter einer Vielzahl von Anbietern auszuwählen oder gar vorzuentscheiden, obman online kauft oder vor Ort einkaufen möchte.Eine bewusste Pause zwischen dem Entdecken eines Angebots und der finalen Bestellung kann helfen, Impulskäufe zu verhindern.“Ein weiterer Rat des Experten betrifft die Hemmschwelle im Bezahlvorgang. „Flexibilität bei der Bezahlung mindert den sogenannten ‚Preisschmerz‘ – das unmittelbare Gefühl des Geldverlusts. Deshalb neigen Menschen dazu, mehr auszugeben, wenn sie nicht sofort bezahlen müssen.“ Sein Tipp: „Direkt nach dem Kauf zu zahlen, hilft dabei, das Budget besser im Blick zu behalten.“

Bildquelle: Karolina Kaboompics DHBW Karlsruhe//RM


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