Erkenntnisse aus den 1930er Jahren zeigen, was geschehen kann, wenn Länder bei Handels- und Wechselkurspolitik im Alleingang handeln. Seinerzeit führten die USA protektionistische Zölle ein. US-Handelspartner reagierten mit umfangreichen Vergeltungsmaßnahmen, und die Handelsströme brachen zusammen, was zur Verschärfung der Weltwirtschaftskrise beitrug. Darüber hinaus begannen die Länder auch, ihre Währungen als Waffe einzusetzen, was laut einem aktuellen Kiel Policy Brief einen Währungskrieg auslöste und zum weitgehenden Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems führte.
Kiel/Germany, 5. Mai 2025. US-Präsident Donald Trump hat wiederholt behauptet, dass „Handelskriege gut und leicht zu gewinnen“ sind. Die historische Perspektive legt jedoch das Gegenteil nahe: „Unsere Analysen zur ,Mutter aller Handelskriege‘ – demjenigen, den die USA 1930 mit Verabschiedung des Smoot-Hawley-Tariffs anzettelten –, belegen, dass dieser nicht nur für die USA schädlich war, sondern für alle Volkswirtschaften weltweit“, sagt Kirsten Wandschneider, Kiel Institute Fellow und Mitautorin des Kiel Policy Briefs „Handels- und Währungskriege – Lehren aus der Geschichte“ (https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/handels-und-waehrungskriege-lehren-aus-der-geschichte-34161/).
Smoot-Hawley-Tariffs
Im Mai 1929 legten die beiden US-Senatoren Willis C. Hawley und Reed Smoot einen Entwurf für ein Zollgesetz vor. Die US-Wirtschaft sollten vor unliebsamen Importen, vor allem in der Landwirtschaft geschützt werden. Das Zollgesetz von 1930, das unter dem Begriff Smoot-Hawley Tariff Act verabschiedet wurde, hatte das Ziel notleidenden Landwirten zu helfen und wurde so zu einer umfassenden Neufassung des US-Zollrechts. Das Motiv war protektionistisch, den Staat selbst zu schützen. Die globalen Handelspartner empörten sich. Sie empfanden die Zollerhöhungen als aggressiv und reagierten mit eigenen gezielten Abgaben, Einfuhrbeschränkungen und Boykotten gegen amerikanische Waren. Rund 90% der betroffenen Länder reagierten mit Beschwerden und Vergeltung.
Verschiedene Länder legten offizielle Beschwerden beim US-Kongress ein. Untersuchungen durch Gravitationsmodelle mit OLS (Ordinary Least Squares, Regressionsanalyse durch Statistik) und PPML (Poisson Pseudo Maximum Likelihood) machten deutlich, die Vergeltungsmassnahmen führten zu einem Rückgang von US-Exporten um ca. 30%. In einem weiteren Schritt wurden US-Exporte in Produktkategorien untersucht. Das Ergebnis, Produkte aus den USA gegenüber Länder die mit Vergeltung auf die US-Zölle reagierten gingen um weitere ca. 30% zurück.
Smoot-Hawley-Effekt gilt nicht als der Auslöser der Weltwirtschaftskrise, die bestehende Kontraktion der fehlgeleiteten Handelspolitik bekam durch Smoot-Hawley ein Gesicht und gewann an Fahrt. Der Wohlstand aller Staaten ging zurück, auch der der Vereinigten Staaten. Es kam zur grossen Depression die letztlich ein Währungskrieg wurde. Zwischen 1929 und 1936 werteten 70 Länder ihre Währungen gegenüber Gold ab (Wandschneider, Mitchener).
Weiterer geschichtlicher Hintergrund
David Ricardos Theorem besagt das die Opportunitätskosten und komparativer Vorteil zu Handelsvorteilen führen. Wenn sich jeder auf das Gut spezialisiert, bei dem er den komparativen Vorteil hat, wird die Gesamtproduktion der Volkswirtschaft ansteigen, und dieser Zuwachs führt dazu, dass sich jeder in seinem Land besser stellt. David Ricardo (1772 – 1823) war Bankier und Ökonom, seine Zeitgenossen Adam Smith und John Mill die alle samt der Lehre des klassischen Liberalismus folgten. Er warb seinerzeit für den damals globalen Freihandel unter den Staaten, weil er und Adam Smith durch das Hauptwerk von Ricardo um 1817 „Principles of Political Economy and Taxation“ das Komparative Kostentheorem, das durch Spezialisierung zustande käme, als einen Vorteil der Staaten im internationalen Handel ohne Barrieren sahen.
Ricardos ökonomische Überzeugungen veranlassten ihn ins Parlament einzuziehen und für den Freihandel zu werben. Die Schlüsse, zu denen Adam Smith und David Ricardo gelangten, bildeten die Basis der Argumentation für den Freihandel und gegen die Einführung von Zöllen oder anderen Handelsbarrieren.
In der Theorie führen Opportunitätskosten und komparativer Vorteil zu Handelsvorteilen. Sofern sich jeder Staat auf das Gut spezialisiert, bei dem er den komparativen Vorteil hat, wird die Gesamtproduktion der Volkswirtschaft ansteigen, und dieser Zuwachs führt dazu, dass sich jeder besser stellt. Wenn jedes Land sich auf seine Ressourcen spezialisiert und seinen Teil zum komparativen Vorteil einbringt, dann hat jedes Land für sich genommen die entsprechenden Kostenvorteile (Vgl. 588, Mankov, 2024). Man kann einem Land die Kosten zusprechen, die es für seine Leistungen benötigt ohne das dafür über die Massen mehr Geld durch den internationalen Handel verlangt werden müsste.
Um in den Nutzen des komparativen Vorteils zu kommen sind zwei Möglichkeiten denkbar. Der absolute Vorteil und Opportunitätskosten mit komparativer Vorteil.
Im absoluten Vorteil kann der Produzent bereits mit kleinem Input also Einsatz, eine große Menge produzieren. Mehr als der andere Marktteilnehmer.
Die Opportunitätskosten sind die Kosten einer nächstbesten Alternative. Das auf was man verzichten muss, um etwas zu erlangen (Vgl. S. 28, Mankov, 2024). Wenn ein Produzent sich mit der Produktion von Karotten genauso leicht täte wie mit der Produktion von Kartoffeln, dann kann dieser günstiger sein als der Anbieter B. Die Möglichkeit günstiger zu produzieren sind dabei die Opportunitätskosten, die einem solchen Produzenten zum Vorteil würden (Vgl. S.587, Mankov, 2024). Teurer würde der Hersteller A erst dadurch das er ein anderes Produktsystem installieren muss. Spezialisierung bringt daher den Vorteil mit sich, günstig produzieren zu können. Und weil Menschen wie Staaten gleichermassen herausgestellte Eigenschaften haben, liegt es auf er Hand sich durch Spezialisierung hervor zu heben.
Diese Vorteile haben Adam Smith und David Ricardo erkannt. Ein Schneider wird selbst nicht auf die Idee kommen Schuhe anzufertigen, der Schumacher kauft seine Kleider beim Schneider. Der Pächter kauft von beiden ein, so bekommen diese Nahrung (Vgl. S. 587, Mankov, 2024). All jene Personen finden es im eigenen Interesse ihres Gewerbefleißes die Dinge auf ihre eigenen Arten herstellen zu wollen und zu können.
Daraus entstand die gegenseitige Anerkennung der Spezialisierung.
David Ricardo erkannte in der Produktion des jeweiligen Landes die Vorteile in seiner Fähigkeit Produkte und Dienstleistungen für andere Staaten erzeugen zu können. Was als Komparatives Kostentheorem in die Geschichte einging und ein Meilenstein der Volkswirtschaften wurde.
„US-Präsident Trump hat jüngst mehrfach die Idee geäußert, den US-Dollar strategisch zu schwächen. Es wäre vorstellbar, dass auch heute Länder zu Abwertungen greifen, falls sich der Handelskrieg verschärft und die globale Wirtschaftsleistung sinkt“, sagt Kris James Mitchener, Kiel Institute Fellow und Mitautor des Kiel Policy Briefs.
Europa kann globales Führungsvakuum füllen
Mit der aktuellen Zollpolitik hat Präsident Trump die Steuerung des globalen Handelssystems aufgegeben, und die derzeitige Handelspolitik der USA signalisiert eine Abkehr von ihrer 80-jährigen Führungsrolle seit dem Zweiten Weltkrieg, so die Autoren.
„Um die Fehler der 1930er Jahre zu vermeiden, muss Europa das von den USA hinterlassene globale Führungsvakuum füllen“, so Mitchener. „Europa sollte signalisieren, dass der Euro stabil und ein sicherer Hafen für Investoren ist, denn auch China wirbt angesichts der durch Trump verursachten Turbulenzen auf den Weltmärkten aggressiv für den Renminbi als internationale Handels-, Kredit- und Reservewährung.“
Bildquelle
bahonya Pixabay
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