Wohnsiedlung

Moderne Gesellschaftsformen auf bestehende Siedlungen anpassen


Kooperationsprojekt erforscht Wohnalltag in der Frankfurter Nordweststadt zwischen Gesellschaft, Individuum und Raum. Wie Wohnformen aus vergangenen Wohnformen auf heutige Gesellschaften adaptierbar gemacht werden können.

Frankfurt a. Main/Germany, 6. Mai 2025. – Wie sind Grosswohnsiedlungen aus der Zeit der 1950er bis 1970er Jahre für moderne Gesellschaftsformen geeignet?
Wie können konfliktfördernde Wohnverhältnisse entzerrt und zu prosozialen und wohlwollenden Siedlungen umgestaltet werden? Während in vielen Ländern Häuser aus Stein und Beton für die Ewigkeit gebaut sind, entwickeln sich Gesellschaften analog zum exponentiellen Anstieg von Technik und Fortschritt weiter. Ursprünglich für die Mittelschicht gebaut, sind die Quartiere heute oft von Armut und Ausgrenzung geprägt und es gibt sie in allen Städten. Gleichzeitig sind die Familienstrukturen vielfältiger geworden und in der Zukunft werden klein- und grossstrukturierte Gesellschaften in Form von egalisierten Gemeinschaften zu erwarten sein. Wo heutige Wohnquartiere auf Ausgrenzung angelegt wurden und zunehmende Atomisierung und Einsiedlertum das Bild ihrer Bewohner prägten, ist heute das Bedürfnis für mehr Miteinander und Zueinander entstanden. Bedürfnisse die eine zeitlang weg waren kommen immer und irgendwann wieder zurück. So auch Gemeinschaften nach den Prinzipien von Grossfamilien.
Wie passt der heutige Alltag mit der Wohnidee von gestern zusammen? Ein Forschungsteam des Instituts für Humangeographie der Goethe-Universität Frankfurt am Main, des Gender- und Frauenforschungszentrums der Hessischen Hochschulen (gFFZ) sowie des Forschungslabors Nachkriegsmoderne der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) geht dieser Frage am Beispiel der Frankfurter Nordweststadt nach.

Nordweststadt als perfektes Untersuchungsgebiet
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt „Großwohnsiedlungen im Wandel. Intersektionale Perspektiven auf Nutzungsverhalten und Bedarfe von BewohnerInnen“ ist im April offiziell gestartet. Durch die Zusammenarbeit von Geografie, Genderforschung und Stadtplanung soll ein umfassendes Bild des Alltags in Quartieren der „Nachkriegsmoderne“ und der darin stattfindenden Transformationsprozesse entstehen. Die Frankfurter Nordweststadt sei dafür ein perfektes Untersuchungsgebiet, so Prof. Dr. Maren Harnack. „In der Quartiersplanung sowie Wohnungen spiegeln sich konkrete Vorstellungen etwa vom Alltag und Familienleben der damaligen Zeit wider. Das Verständnis davon, wie diese Architektur in Wechselwirkung zu den heutigen Wohnenden steht, ist auch für Quartiere der Zukunft interessant“, so die Forscherin des Forschungslabors Nachkriegsmoderne.

In drei eng verzahnten Teilprojekten untersuchen die forschenden die Alltagswelt vor Ort unter anderem mit Interviews, teilnehmenden Beobachtungen und Mappings. Teilprojekt 1, widmet sich der Frage, wie Haushalte und einzelne BewohnerInnen ihre Wohnungen und öffentliche Freiräume in der Großwohnsiedlung nutzen und gestalten. Teilprojekt 2 nimmt Orte der Vergemeinschaftungen wie Kirchen und Jugendzentren in den Blick. Wie werden sie genutzt, was fehlt den BewohnerInnen?
Teilprojekt 3 untersucht, wie Architektur und Raumgestaltung das soziale Miteinander beeinflussen und welche räumlichen Strukturen nachhaltige Nutzungen ermöglichen. Besondere Aufmerksamkeit gilt im Projekt so genannten intersektionalen Perspektiven, also inwiefern Faktoren wie Geschlecht, Alter und soziale Herkunft die Nutzungsmuster und Bedarfe der BewohnerInnen beeinflussen. Dr. Hanna Haag meint: „Die BewohnerInnen der Nordweststadt kennzeichnen sich durch vielfältige Lebensrealitäten, die wiederum Einfluss auf das Wohnen selbst nehmen. Dieser Diversität möchten wir in unserem Teilprojekt sowie im Gesamtverbund nachspüren und sie sichtbar machen.“



Erkenntnisse für die Planung
Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt. Die Erkenntnisse sind nicht nur für die Grundlagenforschung wichtig. Vielmehr sollen die Ergebnisse, so Professor Sebastian Schipper von der Goethe-Universität, „für die zukünftige Planungspraxis produktiv gemacht werden und dazu beitragen, Strategien zu entwickeln, den gegenwärtigen Herausforderungen und gesellschaftlichen Konflikten in Großsiedlungen zu begegnen“.



Weitere Informationen:
http://www.frankfurt-university.de/nachkriegsmoderne
https://www.uni-frankfurt.de/129754253/Prof__Dr__Sebastian_Schipper

Bildquelle
Markéta Klimešová Pixabay


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