MPI für Bildungsforschung, Digitale Medien und Demokratie

Die Beweise häufen sich – Digitale Medien bedrohen Demokratie


Digitale Medien prägen die politische Landschaft weltweit immer stärker. Eine neue Replikationsstudie nimmt frühere Forschungsergebnisse zum Einfluss von digitalen Medien auf die Demokratie erneut unter die Lupe und bestätigt besorgniserregende Entwicklungen. So bieten diese zwar Chancen für politische Beteiligung und den Zugang zu Informationen, doch gleichzeitig tragen sie zur Polarisierung, zum schwindenden Vertrauen in Institutionen und zur Verbreitung von Fehlinformationen bei.

Berlin/Germany, 10. April 2025. Ähnlich wie in Philosophie und Politik diskutieren Menschen ihre Meinungen aus, führen ihre eigenen und oder ihnen bekannten Argumente vor. Argumente die überzeugend sind setzen sich durch. Oft entsteht dann der Moment von Konflikten. Insbesondere dann wenn der Familierat abstimmt, genauso aber wenn Gesetzte durch Politik im jeweiligen Staat verabschiedet werden und nicht dem Wunsch jeweiliger Personengruppen entspricht droht Demokratie an den Rand der Verrohung zu kommen.

Eine aktuelle Studie, Replikationsstudie gegenüber 2023 zieht einen Vergleich von Studien bis März 2024, bestätigt die Ergebnisse von 2023. Das Ergebnis zeigt neben positiven Entwicklungen vor allem auch problematische Auswirkungen auf demokratische Prozesse. Forschende der Tongji University, der University of Cambridge und der Duke University bestätigen in der Studie zunehmende politische Partizipation, aber auch eine Verstärkung von Polarisierung, Misstrauen in Institutionen und die Begünstigung populistischer Strömungen. Die Forschenden stufen die Ergebnisse als besorgniserregenden Trends ein. Lisa Oswald, die bereits bei der Studie in 2023 Autorin war, beschreibt:
„Die korrelativen Belege häufen sich, dass digitale Medien politische Prozesse negativ beeinflussen können – wir sehen verschärfte Polarisierung, steigendes Misstrauen in demokratische Institutionen und Medien sowie eine verstärkte Verbreitung von Fehlinformationen.“
Auch Co-Autor Ralph Hertwig, Direktor des Forschungsbereichs Adaptive Rationalität am MPIB, sieht Handlungsbedarf: „Wir haben genug konvergierende Evidenz, um diese Herausforderungen ernst zu nehmen und Strategien zu entwickeln, die die Risiken minimieren und gleichzeitig die demokratischen Potenziale digitaler Medien bestmöglich nutzen und schützen.“

Die Mehrzahl der Befunde deutet auf potenzielle Gefahren für die Demokratie hin – zum Beispiel die emotionale Abwertung Andersdenkender (affektive Polarisierung), das Erstarken populistischer Bewegungen, die zunehmende Fragmentierung des gesellschaftlichen Diskurses und ein sinkendes Vertrauen in demokratische Institutionen sowie Hassrede und die Verbreitung von Fehlinformationen.

Positive Beobachtungen hingegen sind: Menschen, die digitale Medien nutzen, beteiligen sich häufiger politisch, haben Zugang zu vielfältigen Informationen, können sich frei äußern und verfügen über ein höheres politisches Wissen.

Noch ist unklar inwieweit digitale Medien am Wissenszuwachs beteiligt sind und Offenheit für unterschiedliche Perspektiven fördern. „Wir müssen dringend erforschen, wie digitale Medien – ihre Algorithmen und Funktionen, aber auch die Dynamiken unter den Nutzenden – mit den einzelnen Variablen zusammenwirken. Und vor allem: Was verursacht was?“, betont Lisa Oswald.

Replikationsstudien überprüfen frühere Forschungsergebnisse auf ihren Bestand. Erkenntnisse werden bestätigt, oder Fehler korrigiert.



Originalpublikation:

Lorenz-Spreen, P., Oswald, L., Lewandowsky, S., & Hertwig, R. (2023). A systematic review of worldwide causal and correlational evidence on digital media and democracy. Nature Human Behaviour, 7, 74–101. (https://doi.org/10.1038/s41562-022-01460-1)

Xia, Ziqian; Ye, Jinquan; Debnath, Ramit (2025): A Comment on „A Systematic Review of Worldwide Causal and Correlational Evidence on Digital Media and Democracy“ by Lorenz-Spreen et al., (2023), I4R Discussion Paper Series, No. 206, Institute for Replication (I4R), (https://ideas.repec.org/p/zbw/i4rdps/206.html)

Weitere Informationen:
(https://www.mpib-berlin.mpg.de/2017966/news_publication_24494077_transferred?c=58887)
Interview mit Philipp Lorenz-Spreen zur politischen Meinungsbildung in den sozialen Medien in der aktuellen Max Planck Forschung (01/2025):
(https://www.max-wissen.de/neuer-geomax-demokratie-und-social-media/Aktuelles)
Schulmaterial der Max-Planck-Gesellschaft mit dem Schwerpunkt „Demokratie und Social Media“, das Bezug auf die Originalstudie nimmt:

Bildquelle
MPI für Bildungsforschung, Digitale Medien und Demokratie


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